Im Mittelpunkt der von der Koordinierungsstelle AlphaDekade organisierten Veranstaltung standen dabei vor allem die Fragen: Wie können gering literalisierte Erwachsene zur Teilnahme an Kursen motiviert werden? Welche Themen und Fragen des alltäglichen Lebens bieten dabei Lernanlässe? Und wie bleiben diese Ansätze und Konzepte auch langfristig verfügbar?
Forschungsergebnisse zur Lebenswelt gering literalisierter Erwachsener
Als ersten Input stellte Prof. Dr. Simone Ehmig Ergebnisse aus dem Forschungsprojekt MOVE vor, die die Lebenswelt und die Sichtweisen von Menschen mit Schwierigkeiten beim Lesen und Schreiben untersucht. Zentrale Fragen des Projekts sind:
- Wie können Erwachsene mit Grundbildungsbedarf angesprochen und motiviert werden?
- Wie müssen Alphabetisierungs- und Grundbildungsangebote inhaltlich gefüllt werden?
- Wie sollten Grundbildungsangebote konzeptionell und organisatorisch gestaltet werden?
Das Projektteam untersuchte in einer repräsentativen Umfrage, wie sich die Einstellungen von formal gering Gebildeten und Personen mit Schwierigkeiten beim Lesen zu Themen wie „Beruf“, „Lernen und Bildung“ oder „Verbindlichkeit“ von denen der Gesamtbevölkerung unterscheiden. Das Projekt fand dabei teilweise erhebliche Abweichungen und leitete daraus wichtige Handlungsempfehlungen ab. Dazu gehören unter anderem:
- Zur Ansprache und Motivation statt eines abstrakten Bildungsbegriff den konkreten Nutzen für gering literalisierte Erwachsene herausstellen.
- Bei der Ansprache und der Planung der Angebote spezifische Interessen von Menschen mit Schwierigkeiten beim Lesen und Schreiben einbeziehen. Diese liegen stark im Privaten, aber auch in Spaß und Unterhaltung. Zudem kann das Thema Gesundheit genutzt werden, um gering literalisierte Erwachsene zu erreichen.
- In der Konzeption von Maßnahmen kleinschrittig denken. Wichtig dabei sind kurzfristige Lern- und Erfahrungsziele, die kleine, aber schnelle Erfolgserlebnisse bieten und Spaß machen.
- Die konkrete Bedeutung von Lesen und Schreiben für den beruflichen (und privaten) Kontext herausstellen.
- Maßnahmen, die auf Lesen und Schreiben zielen, mit anderen „Skills“ verbinden (bspw. Gesundheitskompetenz, digitale Kompetenzen, Ausdrucksfähigkeit).
Großfurt, Glückhausen, Traumburg: Kreativer Workshop zur Verstetigung
Die drei Lebenswelt-Transferprojekte „aktiv-S Transfer“, „Neu Start St. Pauli 360°“ und „BIG-Transfer“, und organisierten den Workshop „Verstetigung vernetzter Grundbildungsaktivitäten in der lebensweltorientierten Alphabetisierung und Grundbildung“. Die Projektmitarbeitenden diskutierten, wie vernetzte Grundbildungsaktivitäten und Beratungs- und Bildungsangebote zukünftig verstetigt und weiterentwickelt werden können.
Dabei betonten sie, dass es zwar keine Patentrezepte, dafür aber vielfältige Ansätze für eine erfolgreiche Verstetigung gebe. Dazu gehörten beispielsweise das Herausstellen des konkreten Nutzens, ein aufsuchender Ansatz, Zugänge zu kommunalen Strukturen, Kenntnisse und Verständnis für die Akteure, ihrer Interessen und Rahmenbedingungen.
Anschließend erarbeiteten die Teilnehmenden in Kleingruppen und anhand von drei Szenarien – der Großstadt „Großfurt“, der mittelgroßen Stadt „Traumfurt“ sowie des Ortes „Glückhausen“ mit einer dörflichen Struktur – mit welchen konkreten Konzepten Grundbildung in diesen spezifischen Strukturen verankert werden kann.
Zu den von den Kleingruppen favorisierten Ansätzen gehörten unter anderem die Einrichtungen von Grundbildungsangeboten im Quartier, eine Verstetigung über Stiftungen, Einzelförderungen, ehrenamtliche Lernbegleitung oder offene Lernangebote.
Projekte gestalten interessantes Worldcafé
Am Nachmittag organisierten sechs Projekte ein Worldcafé. Dort stellten die Referentinnen und Referenten ihr Projekt und aktuelle Themen ihrer Arbeit vor. Darüber hinaus konnten sich die Teilnehmenden in direkten Diskussionen über ihre eigenen Erfahrungen und zukünftige Entwicklungen austauschen. Die Themen der einzelnen Sessions waren „Grundbildung in sozialen Einrichtungen und Diensten“ (GEMEINSAM.GRUNDBILDUNG), „Grundbildung im Quartier“ (InSole – Transfer), „Digital-gestützte Lernangebote“ (Alpha Element{+} und mittendrin Transfer), „Familiengrundbildung“ (aktiv-S Transfer) und „Professionalisierung des Bildungspersonals“ (Alpha-Kooperativ Transfer).