Fast alle Menschen haben in ihrem Wohnumfeld in irgendeiner Form Kontakt zu Nachbarn, Behörden oder sozialen Einrichtungen. Dazu zählen Mehrgenerationenhäuser, Stadtteilzentren oder offene Kieztreffs. Der Internationale Bund (IB) hat beobachtet, dass es im Rahmen von Quartiers- und Sozialraummanagement oftmals gute, aber ungenutzte Zugänge zu Menschen gibt, die Schwierigkeiten mit dem Lesen, Schreiben und Rechnen haben. Diese Kontakte aktivierte der IB für die Grundbildung.
Ansprechpartner sensibilisieren, niedrigschwellige Angebote schaffen
Delta-Netz arbeitete an den Modellstandorten Schwerin, Koblenz, Neuenhagen bei Berlin und Suhl. Ziel war es zum einen, die Partner in den bereits bestehenden Netzwerken zu sensibilisieren und neue Partner für die Ansprache gering literalisierter Erwachsener zu gewinnen. Zum anderen baute Delta-Netz niedrigschwellige Bildungsangebote auf. Sie hatten nur mittelbar mit dem Lesen, Schreiben und Rechnen zu tun – konnten aber den Einstieg in ein neues Lernverhalten bilden.
Lernanlässe stellten etwa Reparaturwerkstätten, PC-Kurse, kreative Angebote wie Töpfern oder Musikkurse sowie Spielenachmittage für Familien dar. Ein regelmäßiges Angebot sollte die Kontakte in der Nachbarschaft stärken und das Vertrauen zur Gruppe und zur Einrichtung fördern. Die Angebote griffen den konkreten und alltäglichen Bedarf der Menschen auf und waren für alle Anwohnerinnen und Anwohner offen.
Die Überleitung in die Grundbildung erfolgte über aufsuchende Bildungsarbeit und neue Lernorte wie Lesezirkel oder Lerncafés. Hierfür kooperierte das Projekt eng mit den lokalen Volkshochschulen. Das Lehrpersonal war regelmäßig in den sozialräumlichen Einrichtungen anzutreffen – für eine Bildungsberatung oder kleinere Lernangebote an ungewöhnlichen Orten. Langfristig sollten aber auch diese Einrichtungen feste Gruppen aufbauen, deren Mitglieder sich gegenseitig motivieren und gemeinsam an den Volkshochschulen lernen.
Jede Modellstadt entwickelte einen passenden Ansatz
An jedem Modellstandort setzte Delta-Netz eigene Schwerpunkte um, welche die unterschiedlichen Lebensumstände vor Ort berücksichtigten:
- In Suhl gab es über die Sozialraumarbeit bereits Kontakte zu gering literalisierten Erwachsenen. Hier ging es darum, Lerngruppen aufzubauen und sie in Angebote der Volkshochschule zu begleiten.
- Neuenhagen bei Berlin ist bei jungen Familien sehr beliebt. Hier sollten Erwachsene mit Lese-, Schreib- und Rechenschwierigkeiten über Lernangebote zur Alltagsbewältigung enger an das Mehrgenerationenhaus ARCHE-Neuenhagen gebunden und auf das Lernen in der Volkshochschule vorbereitet werden.
- In Koblenz-Lützel gab es bereits ein Quartiersmanagement, das auch im Bereich Alphabetisierung und Grundbildung aktiv wurde. Dort hält der IB in seinem neu eingerichteten Lerncafe „Buchstabensalat“ zielgruppenadäquate niedrigschwellige Angebote bereit und kooperiert mit der ebenfalls dort ansässigen Bildungsberatung des GrubiNetz.
- In Schwerin richtete „Delta-Netz“ eine Lernoase ein und initiierteals Partner des Mehrgenerationenhauses und der Volkshochschule niedrigschwellige Angebote, in denen gering literalisierte Erwachsene identifiziert, beraten und in weiterführende Angebote der Kooperationspartner vermittelt werden. Außerdem wurden langjährige Netzwerke im Sozialraummanagement dafür genutzt, neue Kontakte zu betroffenen Menschen und deren wissendem Umfeld zu schaffen.
Die IB-Hochschule in Berlin begleitete das Projekt wissenschaftlich.