Auch gering literalisierte Erwachsene nutzen das Internet. Aber wie genau nutzen sie dies, und wie kann das Internet dabei helfen, gering literalisierte Erwachsene direkt oder ihr Umfeld auf Angebote der Alphabetisierung und Grundbildung aufmerksam zu machen? Das hat das Projekt DiAnA untersucht.
Projekthintergrund
In Deutschland leben nach wie vor über sechs Millionen Erwachsene, die als gering literalisiert gelten. Dazu gehören sowohl Erwachsene mit deutscher als auch mit nicht-deutscher Erstsprache. Diese Menschen zu erreichen und für eine Teilnahme an Angeboten der Alphabetisierung und Grundbildung zu gewinnen, stellt noch immer eine große Herausforderung dar, denn bislang nimmt nur ein Bruchteil der betroffenen Menschen an entsprechenden Angeboten teil. Gleichzeitig ist bekannt, dass auch gering literalisierte Erwachsene durchaus das Internet nutzen und dass der Einbezug ihres Umfeldes von großer Bedeutung ist, um sie zu erreichen. Somit kann das Internet neue Wege und Formate eröffnen, gering literalisierte Erwachsene direkt, oder aber über ihr Umfeld, zu erreichen und über Lernangebote zu informieren.
Projektziele und Vorgehen
Vor diesem Hintergrund hat das Projekt DiAnA digitale Ansprachewege gering literalisierter Erwachsener mit deutscher und nicht-deutscher Erstsprache für Angebote der Alphabetisierung und Grundbildung untersucht.
Das mehrstufige Forschungsdesign umfasste die Befragung unterschiedlicher Personengruppen. So wurden einerseits Teilnehmende und insbesondere auch Nicht-Teilnehmende von Alphabetisierungs- und Grundbildungsangeboten identifiziert und mit Hilfe von qualitativen, leitfadengestützten Interviews zu ihrem digitalen Nutzungsverhalten und zu Bedingungen einer gelingenden Ansprache befragt.
Die Ergebnisse verdeutlichen, dass eine digitale Ansprache der Zielgruppe vielsprechend ist. So nutzen fast alle Befragten über verschiedene Zugänge und Kanäle das Internet für vielfältige Anlässe und Aktivitäten, wobei WhatsApp, YouTube und Google die meistgenutzten Apps sind. Darüber hinaus konnten auf Basis der Beschreibungen des Nutzungsverhaltens unterschiedliche anspracherelevante technische Funktionen identifiziert werden, denen sich gering literalisierte Erwachsene bedienen, um schriftsprachliche Anforderungen zu bewältigen (z.B. Diktier- und Vorlesefunktionen).
Sowohl hinsichtlich der Interneterfahrung als auch hinsichtlich des Literalitätsniveaus ist die Zielgruppe außerdem heterogen strukturiert, wodurch sich drei digitale Nutzungstypen ergeben, die jeweils spezifische Möglichkeiten und Einschränkungen in ihrer digitalen Ansprechbarkeit vorweisen. Für eine möglichst gelingende Ansprache kann darüber hinaus die Berücksichtigung der im Rahmen des Projekts erfassten Gründe für Nicht-Teilnahme (wie z.B. fehlende Ressourcen für die Kursteilnahme oder zurückliegende negative Kurserfahrungen) sowie die Berücksichtigung von Wünschen zur Gestaltung von Werbung sowie Angeboten (wie z.B. die Darstellung klarer Informationen und Vermittlung positiver Emotionen sowie heterogene, erfahrungsabhängige Wünsche hinsichtlich Gruppenzusammensetzung und Didaktik) als bedeutsam herausgestellt werden.
Andererseits wurden auch das digitale Nutzungsverhalten in den Netzwerken gering literalisierter Erwachsener sowie dort geltende relevante Ansprachebedingungen erhoben, um Möglichkeiten des Einbezugs des Umfelds betroffener Menschen in die digitale Ansprache zu erforschen. Die befragten Netzwerke gering literalisierter Erwachsener verwenden vor allem E-Mails und eigene Internetseiten sowie vereinzelt soziale Medien und Messenger. Daraus ergeben sich vorhandene, aber vor allem auch fehlende Schnittstellen in digitalen Kommunikationswegen zwischen gering literalisierten Erwachsenen und ihren Netzwerken. Im Falle fehlender Schnittmengen gewinnen hybride Anspracheformate, die eine Mischung aus digitalen und analogen Wegen beschreiben, an Relevanz. Voraussetzung für das Einbinden von Netzwerken in die Ansprache ist auch hier, dass spezifische Ansprachebedingungen erfüllt sind, welche im Rahmen der Interviews identifiziert werden konnten und sich den Bereichen organisatorisch-strukturell, individuell-sozial, beruflich-tätigkeitsbezogen und informativ-unterstützend zuordnen lassen.
Nach dem Abschluss der Datenerhebung und Datenauswertung wurden die Forschungsergebnisse in die „DiAnA-Planungshilfe – gering literalisierte Erwachsene digital erreichen“ überführt. Die Planungshilfe unterstützt Weiterbildungseinrichtungen bei der Entwicklung einer eigenen digitalen Ansprachestrategie und informiert über praxisrelevante Forschungsergebnisse. Die kostenlose, frei zugängliche Planungshilfe und die dazugehörigen Begleitdokumenten befindet sich auf der Webseite des Projekts und wurde unter anderem über E-Mail-Newsletter sowie eine deutschlandweite Postkartenaktion bekannt gemacht. Darüber hinaus können die Dokumente auch im Repositorium peDOCS und der Produktdatenbank Alphabetisierung und Grundbildung gefunden werden.
Ergebnisse des Projektes
AlphaDekade-Konferenz 2023
Dokumentation des Fachforums und Video der Ergebnispräsentation
Das PDF der Ergebnispräsentation als Download
Praxispartnerinnen
Praxispartnerinnen des Projekts waren die Volkshochschule Bochum und die bobeq gGmbH (Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft in Bochum) der Arbeiterwohlfahrt. Sie unterstützten das Projekt tatkräftig im gesamten Verlauf mit ihrer Expertise in der Alphabetisierungs- und Grundbildungsarbeit und stellten eine enge Anbindung der Ergebnisse an die Bedarfe der Praxis sicher.