
Digitale Gesundheitsinformationen – Hürde für gering Literalisierte
Nach einer Einführung in das Thema durch den Moderator Herrn Heymann stellt Frau Lisanne Heilmann die Ergebnisse der LEO Studie 2018 zu gesundheitsbezogenen Praktiken und Grundkompetenzen vor. Der Zugang zu gesundheitsbezogenen Informationen geht häufig über die Schrift und in gehobener Sprache. Dass Menschen mit geringen Schriftsprachkompetenzen hier möglicherweise benachteiligt sind, zeigen die LEO-Ergebnisse deutlich. Insbesondere die Verbreitung von gesundheitsbezogenen Informationen über digitale Medien wie Internet oder Gesundheits-Apps nimmt diese Gruppe offensichtlich nicht mit, denn sie nutzen diese Medien deutlich geringer als die Gesamtbevölkerung. Beim Ausfüllen von Formularen beim Arzt oder im Krankenhaus ist ein großer Anteil dieser Menschen auf Unterstützung angewiesen. Auch trauen sich Personen mit geringer Literalität deutlich weniger zu, in einer Notsituation handeln zu können oder Unterstützungsmöglichkeiten zu finden.
Gesundheitsinformationen verständlicher gestalten
In ihrem wissenschaftlichen Kommentar hebt Frau Prof. Dr. Schaeffer hervor, dass der Zusammenhang zwischen Literalität und Gesundheit in Deutschland erst seit kurzem diskutiert wird. Gesundheitskompetenz basiert auf Literalität und umfasst die Fähigkeiten, gesundheitsrelevante Informationen zu finden, zu verstehen, zu beurteilen und anzuwenden. Nach dem deutschen Health Literacy Survey verfügten 2016 mehr die Hälfte der Bevölkerung (54,3%) über eine eingeschränkte Gesundheitskompetenz. Die LEO-Studie bestätigt die Notwendigkeit einer stärkeren Zusammenarbeit zwischen den Gesundheits- und Erziehungswissenschaften, z.B. in der Präventionsförderung. Darüber hinaus muss die Verständlichkeit von Gesundheitsinformationen deutlich verbessert werden und es braucht mehr und passgenauere Informationen. Auch bedarf es verstärkter Interventionen bezogen auf die Person wie z.B. Patientenbildung, aber auch bezogen auf das Gesundheitssystem wie z.B. eine stärkere Nutzerorientierung.
Gesundheitskommunikator/-in – ein neues Berufsbild?
Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung will mit ihren zahlreichen Angeboten zunächst die Gesamtbevölkerung erreichen, so Frau Dr. Spura. Darüber hinaus erstellt die BZgA Informationsmaterialien für bestimmte Zielgruppen wie z.B. Kinder und Jugendliche oder Menschen mit Migrationshintergrund. Informationsquellen für Menschen mit geringen Schriftsprachkompetenzen können die Broschüren in leichter Sprache, die Erklärvideos oder das Info-Telefon der BZgA sein. Frau Dr. Spura hebt hervor, dass neue Aufklärungskampagnen einem Pretest hinsichtlich Verständlichkeit unterzogen und kontinuierlich evaluiert werden. Die Arbeit mit Multiplikatoren wie Fachkräften im Gesundheitswesen oder in sozialen Beratungsstellen bildet einen weiteren Schwerpunkt der Informationsarbeit.
In der anschließenden Diskussion unterstreicht Frau Prof. Dr. Schaeffer die Notwendigkeit einer stärkeren kommunikativen Begleitung von Patient/-innen und verweist auf den neuen Studiengang Gesundheitskommunikation an der Universität Bielefeld. Auch Angebote wie der Gesundheitskiosk oder die Übersetzung von ärztlichen Befunden in eine verständliche Sprache durch den kostenlosen Service „Was hab ich" werden als Beispiele guter Praxis hervorgehoben.
Einführung und Moderation
Lukas Heymann, Stiftung Lesen
Präsentation der LEO-Ergebnisse und wissenschaftlicher Kommentar
Lisanne Heilmann, Universität Hamburg
Prof. Dr. Doris Schaeffer, Universität Bielefeld
Reflexion aus der Praxis
Dr. Anke Spura, Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung