Forum E: Literalität, Familie und Mobilität

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Prof. Carola Iller (rechts) kommentiert die LEO-Ergebnisse im familiären Kontext, Kajo Wintzen (links) reflektierte sie aus der Praxis.


Auch in Familien mit gering literalisierten Erwachsenen wird vorgelesen – aber seltener

Die Ergebnisse der LEO-Grundbildungsstudie zur Anwendung literaler Praktiken in Familien entsprachen weitgehend den Erwartungen der anwesenden Fach- und Lehrkräfte: Auch in Familien mit gering literalisierten Erwachsenen wird vorgelesen, bei Hausaufgaben geholfen oder die Bibliothek aufgesucht – deutlich seltener allerdings als im Rest der Bevölkerung. Schriftsprachliche Alltagskommunikation wird auf den unteren Alpha-Levels signifikant häufiger an Dritte delegiert. Menschen mit Lese- und Schreibschwierigkeiten sind zudem seltener im Besitz eines Führerscheins, gehen dafür öfter zu Fuß und nutzen häufiger den ÖPNV. Die Tickets kaufen sie meist im persönlichen Kontakt, also beim Einsteigen oder am Schalter.

Niedrigschwellige Angebote für gering literalisierte Eltern

Die anschließenden Kommentare diskutierten die Konsequenzen dieser Ergebnisse für die künftige Grundbildungsarbeit in Deutschland. Das Forum betonte die Bedeutung einer gezielten Förderung von Eltern mit geringen Schriftsprachkompetenzen. Es warnte aber gleichzeitig vor einer zu starken Instrumentalisierung von Elternbildung für Alphabetisierungszwecke. Niedrigschwellige Angebote wie Krabbelgruppen oder Workshops zu gesunder Kinderernährung dienten in erster Linie dem Wunsch der Eltern, sich untereinander zu diesen Themen auszutauschen. In die frühe Förderung von Lesekompetenzen sollte hingegen das Fachpersonal in Krippen und Kitas stärker eingebunden sein.

Kursteilnahme erschwert durch Abbau des ÖPNV

Für den Bereich der Mobilität äußerte das Forum die Vermutung, dass die Bedrohung von Teilhabe regional unterschiedlich sei und sich durch einen Abbau des ÖPNV-Angebots vor allem im ländlichen Raum verschärfe. Dadurch sei unter Umständen auch die Teilnahme an einem Angebot der Alphabetisierung und Grundbildung erschwert.

Die abschließende Diskussionsrunde mit dem Publikum drehte sich unter anderem um den Aspekt der Emanzipation. Lesen und Schreiben könnte bei gering literalisierten Eltern vor allem als eine Möglichkeit eingeführt werden, sich von der Hilfe Dritter unabhängig zu machen. Teilhabe sei dabei nicht als Zustand, sondern als ein Prozess zu verstehen, der kontinuierlich aufrechterhalten werden müsse.

Verstetigung der Familienförderung zur Prävention

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Rege Beteiligung im Publikum beim Thema Familie.


Zudem schlug das Publikum vor, stärker zwischen der Förderung und der Vorbereitung von Kompetenzen zu differenzieren. Auch gering literalisierte Eltern ließen sich erfahrungsgemäß gut ermutigen, mit ihren Kindern Bilderbücher zu betrachten oder sich gemeinsame Geschichten auszudenken. Die Verstetigung der Familienförderung sowie das gezielte Einbinden von Kindertageseinrichtungen, Schulen und Behörden seien entscheidende Ziele der Prävention und Grundbildungsarbeit.

Rückfragen gab es zu den teilweise deutlichen Abweichungen zwischen der LEO-Studie und einer Erhebung der Stiftung Lesung zum Vorleseverhalten in Familien. Diese Unterschiede sind nach Angaben des Podiums aber vor allem auf die verschiedenen methodischen Ansätze zurückzuführen.

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Johanna Thon moderiert das Forum.


Moderation

Johanna Thon, Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben

Präsentation der LEO-Ergebnisse und wissenschaftlicher Kommentar

Christopher Stammer, Universität Hamburg

Dr. Franziska Schwabe, Technische Universität Dortmund

Prof. Dr. Carola Iller, Universität Hildesheim

Reflexion aus der Praxis

Kajo Wintzen, Katholische Erwachsenenbildung Rheinland-Pfalz