Forum A: Sozialraum als Ort für Ansprache und Motivation

Prof. Dr. Wibke Riekmann von der Medical School of Hamburg führte in das Thema der Sozialraumorientierung ein. Sie stellte zunächst dar, dass Sozialraum zum einen räumlich im Sinne der Stadtentwicklung verstanden werden kann, aber zum anderen auch als subjektiv-lebensweltlicher Raumbegriff von selbst geschaffenen bzw. erlebten Räumen oder Lebenswelten. Sie vertritt die These, dass sich Sozialraum- und Zielgruppenorientierung durchaus widersprechen können. So ergibt sich aus der Sozialraumarbeit einerseits ein Verständnis als Arbeit im und am Gemeinwesen, dass prinzipiell auf alle Bewohner dieses Sozialraums zielt und sich an deren Bedürfnissen ausrichtet. Im Gegensatz dazu versteht sich Sozialraumarbeit zur Integration einzelner Personen in Sozialräume als zielgruppenorientiert. Diese Form der Sozialraumarbeit richtet sich dann eher an bedürftige Personen bzw. besonders vulnerable Gruppen.

Hilfe versus Bildung

Prof. Dr. Wibke Riekmann plädiert deshalb dafür, dass Hilfe und Bildung in Profession, Institutionen und Disziplin gemeinsam gedacht werden. Während Soziale Arbeit Hilfe und soziale Integration bieten möchte, sieht sich die Erwachsenenbildung der Vermittlung von Bildung verpflichtet. Die gefühlte Trennung dieser beiden Aspekte zwischen Sozialer Arbeit und Erwachsenenbildung sollte hinterfragt werden, da die Verbindung von Hilfe und Bildung die Handlungsfähigkeit des Individuums fördern kann. Nur so kann die Integration des Einzelnen in das Gemeinwesen und eine langfristige Veränderung der Lebenslagen erreicht werden. Reine Hilfe ist ansonsten nur von kurzfristigem Erfolg gekrönt, da sie zwar die individuelle Lage verbessert, nicht jedoch die gesamtgesellschaftlichen Lebensbedingungen. Sie plädiert deshalb für ein Konzept der Gemeinwesenorientierung und den Einbezug des Sozialraums bzw. der Kommunen als relevante Orte zur Lösung sozialer Probleme. Mit der Stärkung von Autonomie und Eigenmacht können gering literalisierte Personen im Sozialraum nachhaltig unterstützt und integriert werden.

Gelingensbedingungen der Zusammenarbeit zwischen VHS und sozialräumlichen Partnern

Im zweiten Teil des Forums stellte Diana Durner aus dem Projekt Alpha-Kooperativ vor, mit welchen sozialräumlichen Partnern sie kooperieren und wie die Zusammenarbeit der Erwachsenenbildung mit der Sozialen Arbeit gestaltet wird. Als besonders relevant für das Gelingen stellte sie heraus, dass die Kooperationspartner für sich selber einen Mehrwert erkennen und dass persönliche Kontakte kontinuierlich über alle Hierarchie-Ebenen hinweg gepflegt werden sollten. In der Projektarbeit haben sich bestimmte lebensweltorientierte Themen herauskristallisiert, mit denen eine erfolgreiche Ansprache von Partnern gelingen kann. Außerdem machte sie deutlich wie das Projekt bei der Identifikation der Themen und Auswahl geeigneter Partner vorgegangen ist.

Auch die Teilnehmenden des Forums beteiligten sich aktiv mit ihren Erfahrungen zum Thema durch Wortmeldungen oder Kommentare im Chat und bereicherten dadurch die Ausführungen der Referent*innen.

Als Fazit kann festgehalten werden: Die Verbindung und Annäherung von Sozialer Arbeit und der Grundbildungsarbeit sind erfolgversprechend, um mehr Menschen mit geringen Schriftsprachkompetenzen zu erreichen. Es sind allerdings noch weitere Erkenntnisse notwendig, um die Konzepte in der Praxis bekannt zu machen und strukturell zu verankern.

Moderation und Einführung:
Fabian Walpuski, Thüringer Volkshochschulverband, Projekt GruKiTel

Referentinnen:
Prof. Dr. Wibke Riekmann, Medical School of Hamburg
Diana Durner, VHS Marktoberdorf, Projekt Alpha-Kooperativ