Die erste Frage des Forums ging von Moderator Lukas Heymann an die Teilnehmenden vor ihren Endgeräten. Per Online-Tool konnten sie abstimmen, welche Instrumente der Öffentlichkeitsarbeit sie häufig nutzen. Das Ergebnis: Websites und Newsletter sind weit verbreitet. Aber auch Infostände und analoge Medien wie Flyer, Broschüren und Plakate bleiben für die Arbeit der meisten Teilnehmenden bedeutsam. Keine Überraschung für Maike Just: Im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung verantwortet sie in der Koordinierungsstelle der AlphaDekade die Kampagne „Lesen und Schreiben. Mein Schlüssel zur Welt“, die eine breite Öffentlichkeit, aber auch ganz gezielte Personengruppen erreichen will. Auch die Kampagne setzte bisher auf ganz unterschiedliche Kanäle.
Informativ, alltagsnah und ansprechend
Zum Weltalphatag 2020 wurde die Kampagne neu ausgerichtet und die Website www.mein-schluessel-zur-welt.de von Grund auf überarbeitet. Ein Ziel sei gewesen, die vorhandenen Unterstützungsangebote zur Alphabetisierung und Grundbildung zu bündeln, den Service für Betroffene und deren Umfeld zu verbessern und Streuverluste zu vermeiden. Die Kampagnenwebsite hat nun zwei getrennte Bereiche. Unter „Ich will lernen“ finden Betroffene authentische Lernendengeschichten, regionale Anlaufstellen, digitale Lernangebote, Lern- und Alltagstipps – aber auch aktuelle und vertrauenswürdige Informationen in Einfacher Sprache, etwa zur Corona-Pandemie. Unter „Ich will helfen“ erfährt eine breite Öffentlichkeit, wie sie Betroffene erkennt, richtig anspricht und weitervermittelt. „Wir haben alle Inhalte mit Lernenden gespiegelt und daraufhin geprüft, ob wir unseren Zielgruppen einen wirklichen Service bieten“, sagte Maike Just.
Auch der Kampagnenauftritt bei Facebook wurde überarbeitet. „Dort versuchen wir, unsere Community aufzubauen und Vorurteile zu entkräften.“ Dreimal pro Woche gibt es neue Inhalte, die von Videoumfragen über Gewinnspiele bis hin zu leicht verständlichen Energiespar- oder Gesundheitstipps reichen. Die Erfahrungen aus dem ersten halben Jahr: Authentische Geschichten über echte Betroffene sind sehr beliebt. Auch die Videoumfragen, in denen Menschen auf der Straße die Schreibweise von Wörtern wie „Bredouille“ erraten sollen, werden oft geteilt. Weiterhin gilt: Je näher am Alltag und Interessen der Betroffenen, desto besser. „Wir haben kürzlich ein Entschuldigungsschreiben für die Schule eingestellt. Das war einer unserer erfolgreichsten Posts“, sagte Maike Just.
Regionale Öffentlichkeitsarbeit unterstützen
Nachfragen der Teilnehmenden kamen zu den Kosten eines solchen Auftritts. Klar wurde: Für kleinere Initiativen ist ein vergleichbarer Auftritt nicht zu stemmen. Aber authentische Geschichten, die nah am Leben sind, gibt es hier auch. Um die Öffentlichkeitsarbeit von Partnern zu unterstützen, bietet die Kampagne auf ihrer Website Service-Material für Fachkräfte auf. Schon jetzt können sie dort kostenlose Bilder herunterladen und für den eigenen Auftritt nutzen. Bald sollen auch Videos und Infografiken hinzukommen.
Mehrwert und persönliche Bezüge herstellen
Im zweiten Input gab Jan-Peter Kalisch vom Bundesverband Alphabetisierung und Grundbildung vor allem seine Erfahrungen bei der Bewerbung von Lernangeboten weiter. Zu Beginn verwies er auf einen interessanten Widerspruch: Von den aktuell etwa 30.000 Lernenden seien die meisten aus Alpha-Level 1 oder 2. Die meisten Betroffenen hingegen gebe es im Alpha-Level 3. „Dort haben wir also noch viel Potenzial, Menschen zu erreichen“, sagte Jan-Peter Kalisch. Oberstes Prinzip dafür sei: „Die Menschen wollen nicht wie unmündige Kinder angesprochen werden. Zudem sollten vorhandene Fähigkeiten im Fokus der Ansprache stehen.“
Inhaltlich sei es wichtig, den konkreten Nutzen eines Lernangebotes aufzuzeigen: mehr Selbstwertgefühl, mehr Selbstständigkeit, mehr Offenheit. Information sei zudem wichtiger als die Ästhetik. „Bilder zum Beispiel sind besser authentisch als professionell“, so Jan-Peter Kalisch. Für bessere Anmeldezahlen habe sich bewährt, konkrete Ansprechpersonen mit Bild, Namen und Kontaktdaten zu zeigen. „Schon wenn es die Möglichkeit gibt, um Rückruf zu bitten, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die angesprochene Zielgruppe wirklich Kontakt aufnimmt.“
In der anschließenden Diskussion zeigten sich Maike Just und Jan-Peter Kalisch grundsätzlich zufrieden mit dem Stand der Öffentlichkeitsarbeit der AlphaDekade. Die Richtung ist klar. Die wichtigsten Erfahrungen sind gemacht. Nun gibt es Flexibilität, mit der Ansprache zu experimentieren. „Mein Schlüssel zur Welt“ etwa plant eine großflächige Plakataktion in Arztpraxen. Jan-Peter Kalisch würde heute nicht mehr auf prominente Gesichter setzen, wie es die Jugendkampagne iCHANCE lange tat. „Echte Geschichten kommen viel besser an.“ Denkbar sei aber, junge Zielgruppen über TV-Serien zu erreichen.
Dazu passend steuerten am Ende des Forums auch die Teilnehmenden ungewöhnliche Wege bei, die sie in ihrer Öffentlichkeitsarbeit bewährt haben.
Moderation und Einführung:
Lukas Heymann, Stiftung Lesen
Referierende:
Maike Just, Bundesinstitut für Berufsbildung, Koordinierungsstelle AlphaDekade
Jan-Peter Kalisch, Bundesverband Alphabetisierung und Grundbildung e. V., Projekt ALFA-Media