Fachforum F: Diagnostik und Konsequenzen für Lehr-/Lernmaterialien

Fünf Personen hinter zwei Stehtischen, eine Frau spricht in ein Mikrofon © BMBF / Heidi Scherm
v.l.: Jun.-Prof. Dr. Julia Koller, Dr. Ewelina Mania, Julia Werner, Prof. Dr. Jascha Rüsseler, Hella Krusche

Beeinträchtigung der kognitiven Basiskompetenzen bei gering literalisierten Erwachsenen

Zu Beginn des Fachforums stellen Herr Prof. Dr. Rüsseler und Frau Dr. Mania die bisherigen Ergebnisse der Projekte KogLit und EIBE dar. In dem Forschungsprojekt KogLit wurden die kognitiven Basiskompetenzen von Erwachsenen mit Lese-Rechtschreib-Schwäche mit denen von gering literalisierten Erwachsenen (ohne LRS) mit Deutsch als Erstsprache und mit anderen Erstsprachen als Deutsch verglichen.

Zugrunde gelegt wurde die Annahme, dass gering literalisierte Erwachsene ähnliche defizitäre Basiskompetenzen aufweisen wie Erwachsene mit LRS und diese sich ebenso nachteilig auf die Leseleistungen auswirken. Die Testergebnisse zeigen, dass bei allen drei Gruppen die kognitiven Basiskompetenzen phonologische Bewusstheit und phonologisches Arbeitsgedächtnis beeinträchtigt sind. Herr Prof. Dr. Rüsseler beendet seinen Vortrag mit der Schlussfolgerung, dass die Effizienz der Kurse gesteigert werden könne, wenn diese grundlegenden Basiskompetenzen auf der Grundlage einer individuellen Diagnostik gezielt gefördert werden.

Wenig Lehr-/Lernmaterialien zur Förderung von kognitiven Basiskompetenzen

Frau Dr. Mania stellt im Anschluss das Projekt EIBE vor, das darauf abzielt, auf der Basis vorhandener Ansätze ein Beratungs- und Qualifizierungskonzept zu entwickeln, zu erproben und im Hinblick auf seine Wirksamkeit zu analysieren.​ Das Konzept umfasst drei Bereiche: die Organisationsberatung für Leitungskräfte, die (Weiter-)Qualifizierung von Programmplanenden sowie die (Weiter-)Qualifizierung von Lehrkräften. Dazu werden vorhandene Good-Practice-Ansätze zur Verbesserung der Lehr- und Lernprozesse in der Alphabetisierung und Grundbildung in das Konzept integriert.

Eine Interventionsstudie mit zwei Erhebungszeitpunkten und Kontrollgruppendesign untersucht die Frage, welche Lernfortschritte von Teilnehmenden in den Alphabetisierungskursen durch die Umsetzung des Konzepts erreicht werden können. Um vorhandene Ansätze auszuwählen, wurde zu Beginn des Projekts eine Bestandsaufnahme der Lehr- und Lernmaterialien in der Produktdatenbank (https://alpha-material.de ) durchgeführt. Im Ergebnis stellte das Projektteam fest, dass nur wenig Lehr- und Lernmaterialien auf ihre Wirksamkeit hin analysiert wurden. Auch gebe es wenig spezifische Materialien zur Förderung der kognitiven Basiskompetenzen, so Dr. Mania.

Förderdiagnostik als Bestandteil des Lehr- / Lernprozesses

Vier Personen hinter zwei Stehtischen, eine Mann spricht in ein Mikrofon © BMBF / Heidi Scherm

Die Frage, zu welchem Zeitpunkt Diagnostik im Kursgeschehen eingesetzt werden könne und solle und welche Instrumente dazu genutzt werden, diskutierten Prof. Dr. Rüsseler und Dr. Mania mit den Praxisvertreter/-innen auf dem Podium. Sie merken an, dass die Tests zur Erhebung der kognitiven Basiskompetenzen – wie im Projekt KogLit verwendet – sich nicht für das Kursformat eignen. Sie lassen sich hingegen gut im Individualsetting einsetzen. Diese Tests sind jedoch nicht frei zugänglich und kostenpflichtig.

Frau Krusche berichtet, dass die Lernstandsdiagnostik in Bayern zur Bedingung der Förderung und zum integralen Bestandteil des Lehr-/Lernprozesses gemacht wurde. Als Instrumente werden hier in erster Linie lea-online und die Alpha-Kurzdiagnostik eingesetzt. Letzteres bestätigt eine Befragung der Lehrkräfte im Projekt EIBE, so Frau Dr. Mania. Frau Werner gibt zu bedenken, dass in ihrer Praxis zunächst im Vordergrund steht, neue Teilnehmende gut im Kurs zu integrieren und sie Diagnostikinstrumente im Kurs deshalb nicht zu Beginn einsetzen würde. Sie setze daher in erster Linie auf informelle Diagnostik.

Mit der Alpha-Kurzdiagnostik können die Teilnehmenden ihre Kompetenzen selbst erheben und die Ergebnisse im Anschluss mit der Lehrkraft besprechen, so Frau Krusche. Auch otu.lea könne man im Unterricht gut einsetzen; das lea-Dashboard ermögliche die Auswertung der Diagnostikergebnisse. Es besteht Einigkeit darüber, dass die Diagnostikinstrumente für die verschiedenen Phasen des Lehr-/Lernprozesses angepasst und entsprechende Fortbildungsmodule für den Einsatz für Lehrkräfte entwickelt werden müssten.

Anschlussfähige Lehr-/Lernmaterialien

Herr Prof. Dr. Rüsseler berichtet, dass im Rahmen des Projekts KogLit einige Übungen zur Förderung der phonologischen Bewusstheit entwickelt wurden, wie z.B. das Laute-Bingo, das vom bfz Bamberg bereits erfolgreich in Integrationskursen eingesetzt wurde. Darüber hinaus gebe es eine Vielzahl von Materialien im Rahmen der LRS-Förderung für Kinder, die für Erwachsene angepasst werden können.

Aus dem Podium wird angemerkt, dass die Produktdatenbank die Auffindbarkeit von passenden Lehr/Lernmaterialien deutlich vereinfacht habe. Dennoch benötige es die Zeit und Ressourcen der Lehrkräfte, an die Diagnostik anschlussfähige Lehr-/Lernmaterialien zu finden.

Moderation:

  • Jun.-Prof. Dr. Julia Koller, Johannes-Gutenberg-Universität Mainz

Input:

  • Prof. Dr. Jascha Rüsseler, Universität Bamberg
  • Dr. Ewelina Mania, Deutsches Institut für Erwachsenenbildung

Diskussionsrunde

  • Prof. Dr. Jascha Rüsseler, Universität Bamberg
  • Dr. Ewelina Mania, Deutsches Institut für Erwachsenenbildung
  • Hella Krusche, Bayerischer Volkshochschulverband
  • Julia Werner, freiberufliche Kursleitung VHS Bielefeld

Ergebnispräsentationen im Vorfeld der Konferenz