Landesstrategie
Bildungsgerechtigkeit ist ein wichtiger Eckpfeiler in einer Transformationsgesellschaft. In Schleswig-Holstein haben rund 210.000 Erwachsene große Schwierigkeiten beim Lesen und Schreiben. Die Aufrechterhaltung einer landesweiten Kursinfrastruktur für die betroffenen Menschen und die Teilnehmendengewinnung sind und bleiben die wichtigsten Aufgaben. Das Angebot trägt dazu bei, Armut und Diskriminierung entgegenzuwirken und Grundbildung als Voraussetzung für gesellschaftliche Teilhabe erreichbar zu machen. „Es gibt in Schleswig-Holstein großen Bedarf am Ausbau lebensweltnaher Angebote möglichst im alltäglichen Umfeld der Zielgruppe gering literarisierter deutschsprechender Erwachsener.“ (Eckpunkte zur Entwicklung der Weiterbildungsstrategie Schleswig-Holstein, S. 15)
In der Öffentlichkeit, in Unternehmen und Institutionen sind die Tragweite der Problematik und der Umgang damit noch nicht ausreichend präsent. Durch ein öffentlich zugängliches Kurs-, Informations- und Beratungsangebot für deutschsprechende Erwachsene mit geringen Lese- und Schreibkompetenzen und durch Öffentlichkeitsarbeit und Sensibilisierung von Multiplikatoren und insbesondere von Arbeitsmarktakteuren sollen:
- Lese-, Schreib- und Rechenkompetenzen verbessert,
- das Nachholen von Schulabschlüssen unterstützt,
- die Beschäftigungsfähigkeit erhöht, die Verbesserung der Eingliederungschancen in den Arbeitsmarkt sowie Integration von benachteiligten Personen in den ersten Arbeitsmarkt gestärkt,
- die Bewältigung vom digitalen Wandel in Alltag und Beruf erleichtert und
- Beiträge zur sozialen Inklusion geleistet werden.
In Schleswig-Holstein werden fünf Regionalstellen für Alphabetisierung und Grundbildung und vier Grundbildungszentren gefördert. Projektpartner ist jeweils der Landesverband der Volkshochschulen Schleswig-Holsteins e.V. in Kiel. An 25 Volkshochschulen in Schleswig-Holstein werden Alphabetisierungs- und/oder Grundbildungskurse durchgeführt. Fünf Volkshochschulen beteiligen sich am Projekt vhs-Lerntreff im Quartier des Deutschen Volkshochschul-Verbandes (DVV). Die Kurse sind kostenfrei und berücksichtigen den individuellen Lernstand. Sie finden in kleinen, persönlichen Gruppen statt, ohne Leistungsdruck und Zensuren.
Die Programme der Volkshochschulen weisen zahlreiche Schnittstellen zur Alphabetisierung und Grundbildung auf, u.a. mit 13 Standorten für Hauptschulabschlusskurse (ESA) mit einem breiten Netz an Integrations- und Alphabetisierungskursen im Bereich Deutsch als Fremdsprache und mit Angeboten im Bereich Arbeit und Beruf. Die Volkshochschulen in Kiel und Lübeck sind am Beratungsnetzwerk Weiterbildung des Landes Schleswig-Holstein beteiligt.
Außerdem arbeitet der Landesverband mit dem Projekt MENTOpro zusammen, einem Mentoringnetzwerk in der Arbeitswelt in Zusammenarbeit mit dem Verein Arbeit und Leben Schleswig-Holstein e.V. Dieses betriebliche Mentorennetzwerk unterstützt gering literalisierte Menschen am Arbeitsplatz dabei, ihre Qualifikationen zu verbessern. Zu diesem Netzwerk gehören Lernberaterinnen und -berater, Mentorinnen und Mentoren sowie Beschäftigte in den Betrieben.
Landesweit haben die Volkshochschulen und Büchereien in Schleswig-Holstein die Kampagne „Lesen macht Leben leichter“ gestartet. Ziel ist die Leseförderung Erwachsener. Unterstützt durch die Sparkassen erhielten 30 Bibliotheken Laptops, Bücher und Arbeitsmaterialien in Leichter Sprache.
Auch Hochschulprojekte stärken mit ihren Forschungsergebnissen die Grundbildung und Alphabetisierung im Land: Im Projekt Konsum Alpha (Lesen lernen – Rechte kennen) entwickelten Expertinnen und Experten der Europa Universität Flensburg, der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein und des Landesverbandes der Volkshochschulen Schleswig-Holsteins Lehrmaterialien zum Schriftspracherwerb mit den Themen Verbraucherrecht, Wohnen, Finanzen und Konsum. Das Projekt wurde im Rahmen der AlphaDekade durch das BMBF gefördert.
An der der Fachhochschule Kiel wurde das Projekt DiGeKo – Digitale Gesundheitskompetenz – in Kooperation mit dem Landesverband der Volkshochschulen ins Leben gerufen.
Koordinierungsstelle
Der Landesverband der Volkshochschulen Schleswig-Holsteins e.V. ist die zentrale Koordinierungsstelle für Alphabetisierung und Grundbildung, er
- entwickelt Konzepte und die grundsätzlichen Strukturen,
- steuert die Umsetzung der Konzepte und Strukturen,
- erarbeitet die Grundstrukturen der Öffentlichkeitsarbeit,
- erarbeitet die Vorgaben und hat die Federführung für Fortbildungen und Konferenzen,
- ist zentrale Koordinatorin für: Regionalstellen, Grundbildungszentren, Transfer und Organisation zu den Schnittstellen zu den gewerkschaftlichen Grundbildungsprojekten (MENTOpro), dem Deutschen Volkshochschul-Verband, den Volkshochschulen, Dozentinnen und Dozenten sowie Multiplikator/-innen,
- organisiert Lernmöglichkeiten und Schulungen zum digitalen Lernen,
- ist zentrale Ansprechpartnerin für Projektpartnerschaften und Netzwerke auf Landes- und Bundesebene und europaweit, um Innovation und Transfer zu organisieren.
Der Landesverband ist beteiligt am „Runden Tisch Alphabetisierung und Grundbildung Nord“ in Hamburg.
Die Landesverbände der Volkshochschulen Schleswig-Holsteins und Mecklenburg-Vorpommerns haben als Konsortialpartner eine Akkreditierung für das Programm Erasmus+ über sechs Jahre erhalten, damit vhs-Mitarbeitende aus beiden Bundesländern Mobilitäten in Form von finanziell geförderten Fortbildungsreisen in europäische Nachbarländer antreten können. Auch Grundbildung gehört zu den Themenschwerpunkten, erste Reisen mit Grundbildungsteilnehmenden sind bereits durchgeführt worden.
Regionalstellen für Alphabetisierung und Grundbildung
Es wurden fünf Informations- und Beratungsstellen an den Volkshochschulen Norderstedt, Oldenburg i. H., Husum, Rendsburg und beim Verein Volkshochschulen in Dithmarschen aus ESF- und Landesmitteln im Rahmen des Landesprogramms Arbeit 2021 bis 2027 etabliert. Die Regionalstellen
- führen die regionale Kurs-, Informations-, Beratungs- und Öffentlichkeitsarbeit durch,
- entwickeln passgenaue Angebote für Schulungen, Schulungsmaterial und Lernberatung in der Region und setzen diese entsprechend der unten genannten messbaren Ziele um,
- akquirieren in der Region Kursleitende, sind in der Region für deren Beratung und Fortbildung zuständig,
- wirken mit in regionalen Netzwerken, z.B. im Mentoring-Netzwerk und
- organisieren betriebsnahe Lernmöglichkeiten für arbeitsplatzorientierte Grundbildung in Zusammenarbeit mit der Koordinierungsstelle im Landesverband.
Grundbildungszentren
Aus Landesmitteln sind vier Grundbildungszentren in Kiel, Lübeck, Itzehoe sowie Neumünster und ein kommunal gefördertes Grundbildungszentrum in Rendsburg eingerichtet. Die Ansprechpartner/-innen haben folgende Aufgaben:
- Entwicklung und Durchführung offener Beratungs- und Kursangebote in den Bereichen: Lesen, Schreiben, Rechnen, digitale Kompetenzen u.a.,
- Akquise von Teilnehmenden, insbesondere über Marketing und Netzwerkarbeit,
- Etablierung von digitalen Lernmöglichkeiten, insbesondere der Einsatz der vhs-Lernportale,
- Gestaltung von Übergängen in Schulabschlusskurse und / oder in Weiterbildungsangebote durch Beratung, bedarfsgerechte Vorkurse und kursbegleitende Angebote,
- Trägerübergreifende Fortbildungen für Kursleitende, Sensibilisierung von Multiplikatoren,
- Hilfe bei der Auswahl von Unterrichtsmaterialien auch für ehrenamtliche Lernbegleitungen,
- Vernetzung mit kommunalen Partnern sowie mit bereits bestehenden Strukturen in fünf Regionalstellen für Alphabetisierung und Grundbildung, in Husum, Meldorf, Rendsburg, Oldenburg i.H. und Norderstedt sowie mit Anbietern von Alphabetisierungskursen und Schulabschlusskursen an anderen Standorten.