Was ist die Nationale Dekade für Alphabetisierung und Grundbildung?
Die Nationale Dekade für Alphabetisierung und Grundbildung (AlphaDekade) ist eine Initiative des Bundes, der Länder und weiterer Partner. Sie haben sich zum Ziel gesetzt, die Lese- und Schreibkompetenzen Erwachsener zu verbessern und das Grundbildungsniveau in Deutschland zu erhöhen. Die AlphaDekade umfasst den Zeitraum von 2016 bis 2026.
Warum gibt es die AlphaDekade?
In Deutschland können 6,2 Millionen Erwachsene zwar Buchstaben, Wörter und einzelne Sätze lesen und schreiben, haben jedoch Mühe, einen längeren zusammenhängenden Text zu verstehen. 62 Prozent der gering literalisierten Erwachsenen sind erwerbstätig, die Mehrheit sind Männer. Deutsche Muttersprachler überwiegen mit einem Anteil von knapp 53 Prozent. Zu diesem Ergebnis kommt die LEO-Studie 2018 der Universität Hamburg, die das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) in Auftrag gegeben hat. Die Anzahl der Menschen mit Lese- und Schreibschwierigkeiten hat sich im Vergleich zum letzten Studienergebnis (LEO-Studie 2011: 7,5 Millionen) um rund eine Million verringert.
Was sind die Ziele der AlphaDekade und wie sollen sie erreicht werden?
Ziel der AlphaDekade ist es, die Lese- und Schreibkompetenzen und das Grundbildungsniveau lernungewohnter Menschen in Deutschland zu verbessern. Voraussetzung dafür ist, dass deutlich mehr gering literalisierte Erwachsene als bisher entsprechende Lernangebote wahrnehmen. Die AlphaDekade hat daher fünf Handlungsfelder:
- Eine verstärkte Öffentlichkeitsarbeit soll das Thema langfristig enttabuisieren und Erwachsene mit Schwierigkeiten beim Lesen und Schreiben dazu animieren, entsprechende Hilfsangebote wahrzunehmen.
- Forschung soll dazu beitragen, herauszufinden, wie und wo sich betroffene Personen am besten erreichen und für Angebote der Alphabetisierung und Grundbildung gewinnen lassen.
- Vor diesem Hintergrund sollen Lernangebote optimiert und dort angeboten werden, wo sie den gering literalisierten Erwachsenen direkt zu Gute kommen: zum Beispiel am Arbeitsplatz oder im alltäglichen Lebensumfeld.
- Ein weiteres Handlungsfeld ist die Professionalisierung des Lehrpersonals und die systematische Zusammenarbeit mit ganz unterschiedlichen Partnerinnen und Partnern, zum Beispiel aus der Wirtschaft.
- Hierzu sollen im Rahmen der AlphaDekade flächendeckend Strukturen aufgebaut werden, die bisherige Maßnahmen von Bund, Ländern, Zivilgesellschaft sowie Wirtschaft vernetzen und Synergien schaffen.
Alle geplanten Maßnahmen sind im Arbeitsprogramm zur Dekade für Alphabetisierung und Grundbildung festgehalten.
Wer sind neben Bund und Länder weitere Partner der AlphaDekade?
Bund und Länder sind gleichermaßen für die erfolgreiche Umsetzung der AlphaDekade verantwortlich. Die Zusammenarbeit und die Umsetzung geeigneter Maßnahmen entsprechen den gesetzlichen Bestimmungen zur föderalen Kompetenzverteilung.
Darüber hinaus haben sich weitere Institutionen verpflichtet, aktiv an der Umsetzung der AlphaDekade mitzuwirken und für deren Ziele innerhalb ihrer jeweiligen Organisationen sowie in der Öffentlichkeit zu werben. Über diese Partnerinnen und Partner hinaus hat die AlphaDekade das Ziel, weitere gesellschaftlich relevante Organisationen für die Zusammenarbeit zu gewinnen. Nur in einem starken Bündnis und mit gemeinsamen Anstrengungen wird es langfristig möglich sein, die Lese- und Schreibkompetenzen Erwachsener zu verbessern und die Grundbildung in Deutschland zu stärken. Interessierte Organisationen sind aufgerufen, sich an dem Bündnis zu beteiligen.
Wie arbeiten die Partner der AlphaDekade zusammen?
Für die Umsetzung der AlphaDekade haben Bund, Länder sowie gesellschaftliche Gruppen in Deutschland ein Bündnis geschlossen. Federführend innerhalb der Bundesregierung ist das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). Die Bundesländer sind über den Arbeitskreis „Weiterbildung“ der Kultusministerkonferenz eingebunden.
Darüber hinaus arbeiten Bund, Länder und Partner bei der Umsetzung der AlphaDekade in einem Kuratorium zusammen. Beraten werden sie dabei durch den Wissenschaftlichen Beirat. Das Kuratorium und der Wissenschaftliche Beirat erarbeiten gemeinsam das Arbeitsprogramm der AlphaDekade, das jährlich auf einer Dekade-Tagung vorgestellt, diskutiert und fortgeschrieben wird. Eine vom BMBF im Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) eingerichtete Koordinierungsstelle unterstützt die Gremien als Geschäftsstelle der AlphaDekade. Sie betreut die geförderten Projekte und arbeitet mit den Koordinierungsstellen der Länder zusammen.
Warum haben Menschen Probleme mit dem Lesen und Schreiben?
Susanne Kiendl von der VHS Hamburg erklärt für die Kampagne „Lesen und Schreiben – Mein Schlüssel zur Welt“, dass es z. B. die schulische Situation, häufige Umzüge oder eine längere Krankheit schwer machen, Lesen und Schreiben zu lernen. Auch die familiäre Situation kann ein Grund sein.
Wie viele Fähigkeiten im Lesen und Schreiben haben gering literalisierte Erwachsene
Das ist unterschiedlich. Mit den sogenannten Alpha-Levels versuchen Fachleute genauer zu beschreiben, welche Fähigkeiten jemand beim Lesen und Schreiben schon hat und welche noch nicht. Die Fachleute sprechen auch von „Literalität“. Alpha-Level 1 ist dabei die Stufe mit den wenigsten Fähigkeiten.
Alpha-Level 1: Personen fällt es schwer, auch einzelne Buchstaben zu erkennen.
Alpha-Level 2: Personen können einzelne Wörter beim Lesen verstehen, müssen sie aber Buchstabe für Buchstabe zusammensetzen.
Alpha-Level 3: Personen können einzelne Sätze lesen oder schreiben. Sie sind aber nicht in der Lage, zusammenhängende Texte zu lesen oder zu schreiben.
Menschen mit Lese- und Schreibproblemen haben es in verschiedenen Bereichen schwerer, selbstständig am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Was man beim Lesen und Schreiben können muss, hängt von der Gesellschaft ab, in der man lebt, und welche Anforderungen es dort zu diesem Thema gibt.
Wie kann ich unterstützen?
Oft gibt es im Leben von Erwachsenen mit Lese- und Schreibschwierigkeiten einen Auslöser oder ein Ereignis, bei dem sie sagen: „Ich möchte besser lesen und schreiben können.“ Das können neue schriftliche Anforderungen im Job sein. Oder sie wollen ihren Kindern in der Schule helfen. Viele Menschen können auf dem Weg dahin unterstützen: Vertrauenspersonen wie Familienmitglieder, Freunde, Kolleginnen und Kollegen, aber auch beratende Personen wie Jobvermittlerinnen oder Ärzte.
Sie kennen jemanden mit Problemen beim Lesen und Schreiben? Auf der Website der Kampagne „Lesen und Schreiben – Mein Schlüssel zur Welt“ finden Sie Informationen, wie Sie unterstützen können.